Will der Kantonsrat wirklich den Lehrermangel verstärken?

von Dominik Schmid

Das Zürcher Parlament beschliesst bald darüber, ob der automatische Stufenanstieg für die Lehrpersonen ausgesetzt werden soll. Sollte der im Rahmen der Corona-Sparmassnahmen eingebrachte Antrag durchkommen, wäre das ein verheerendes Signal an die rund 16'000 Lehrpersonen im Kanton – und vor allem auch an künftige Lehrerinnen und Lehrer. Die Zürcher Volksschule sieht sich bereits jetzt mit einem gravierenden Mangel an Lehrpersonen konfrontiert, der durch die kurzsichtige Massnahme weiter verschärft würde.

Die automatischen Stufenaufstiege sind ein wichtiger Bestandteil des Lohnsystems für Lehrpersonen. Aufgrund der Eigenheiten des Bildungssystems sind klassische Karrieremöglichkeiten wie in anderen Branchen im Lehrberuf weder möglich und noch vorgesehen. Das in der kantonsrätlichen Budgetdebatte von den beiden massgeblichen Kommissionen mit knappen Entscheiden vorgeschlagene Aussetzen der Stufenanstiege für ein Jahr käme deshalb einer faktischen Lohnkürzung gleich – indem eine fix versprochene Lohnerhöhung nicht auf den vereinbarten Zeitpunkt gewährt wird.

Angesichts des gravierenden Mangels an Lehrpersonen wäre eine solche Sparmassnahme bei den Löhnen der Lehrpersonen ein verheerendes Signal an die heutigen und künftigen Lehrpersonen. Nur schon der Vorschlag irritiert enorm, nachdem die Corona-Pandemie verdeutlicht hat, wie wichtig die Institution Schule für die gesamte Gesellschaft und wie gross die Einsatzbereitschaft der Zürcher Lehrpersonen ist, um die Schulen auch unter Extrembedingungen funktionsfähig zu halten. Die Lehrpersonen dürfen deshalb vom Kanton Zürich erwarten, dass er seine Verpflichtungen als Arbeitgeber einhält und nicht eine einzelne Berufsgruppe zum Budgetspielball macht.

Für die Zürcher Volksschulen wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, die offenen Stellen zu besetzen. Der Mangel an Lehrpersonen führt schon heute zu vielen zerrütteten Lehr-Lern-Beziehungen, weil für Klassen keine festangestellten Klassenlehrpersonen gefunden werden und diese Klassen dann in der Folge von immer wechselnden Stellvertretungen betreut werden müssen. Dies hat negative Auswirkungen auf den Schulerfolg der betroffenen Schülerinnen und Schüler. Es braucht dringend mehr Lehrpersonen, besonders dringend in der Kindergartenstufe. Dafür sind attraktive Anstellungsbedingungen und eine wettbewerbsfähige, verlässliche Lohnentwicklung unerlässlich. Diese muss auch darauf Rücksicht nehmen, dass die Lebenshaltungskosten im Kanton Zürich deutlich höher sind als in anderen Kantonen – entsprechende Vergleiche mit tieferen Lehrerlöhne andernorts ziehen deshalb nicht.

Die krankheits- und quarantänebedingten Ausfälle von Lehrpersonen in den letzten Wochen haben die Situation zusätzlich verschärft. Die Schulen und Lehrpersonen tun ihr Möglichstes, um an jeder einzelnen Schule den Betrieb aufrecht zu erhalten oder wo nötig vorübergehend das Lernen auch aus der Ferne so gut wie möglich zu gewähren. Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Sparrunde bei den Löhnen – neben den bereits vom Regierungsrat beschlossenen Einsparungen – nicht legitim und angesichts des Mangels an Lehrpersonen kontraproduktiv.

 

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